Frühkindlicher Autismus

frühkindlicher Autismus

Seltene Verhaltensstörung bei Kleinstkindern und im Kindesalter (nicht zu verwechseln mit dem allg. Begriff Autismus). Von kindlicher Schizophrenie diagnostisch abgrenzbar, wenn gleich Überlappungen auftreten. Das folgende bezieht sich auf frühkindlicher Autismus.

Weniger als 10% der kindlichen Schizophrenen sind Autisten.

Symptome:

  • Ablehnung von Zuwendung bereits im Babyalter,
  • sozialer Rückzug,
  • isolierte Fertigkeiten (idiot savant),
  • häufig keine Sprachentwicklung,
  • Aufmerksamkeitsstörungen,
  • oft attraktives Äusseres und hoher IQ bei Familienangehörigen.

Die Ursachen sind unbekannt, organische Störung des Zentralnervensystems wahrscheinlich. Sind möglicherweise im Mutterleib frühreif und damit sensorisch depriviert, was zu Atrophie retikulärer und thalamischer Aufmerksamkeitsstrukturen führt.

Behandlung mit Verhaltenstherapie (operantes Lernen, Lovaas 1967) indiziert, Prognose des Erwerbs von Sprache viel besser als vor Einführung verhaltenstherapeutischer Methoden.

Den Begriff des Autismus gibt es seit Kanner im Jahr 1943. Seither haben sich die Autismustheorien immer wieder verändert. Die Version im offiziellen amerikanischen diagnostischen Handbuch (DSM-IV) sieht folgendermassen aus:


DSM-IV

Autismus

Diagnostische Kriterien

Sozialisationsschäden
  1. nonverbale Ausdrucksformen (Blickkontakt, Gesten…) gestört
  2. fehlende freundschaftliche Beziehungen mit Gleichaltrigen
  3. fehlende Mitteilung über sich selbst
  4. fehlende soziale und emotionale Interaktion

Kommunikationsschäden
  1. fehlende Sprachentwicklung gekoppelt mit fehlender Entwicklung nonverbaler Kommunikationsformen
  2. allgemeine Gesprächsunfähigkeit
  3. stereotypische, sich wiederholende oder ideokratische Sprache
  4. fehlendes repräsentatives Spielvermögen

Begrenzte, sich wiederholende, stereotypische Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten
  1. allumfassende Beschäftigung mit stereotypischen oder begrenzten Interessen
  2. ritualistisch
  3. Motorische Stereotypien
  4. Voreinnahme mit Teilen von Objekten


Doch mit diesen Kriterien kann man es nicht belassen. Auch in diesem Handbuch wird noch hinzugefügt, dass die meisten, rund 75% der Fälle mit Retardierung verbunden sind. In diesem Handbuch steht, dass es sich um einen IQ zwischen 35 und 50 handelt.

Was hier auffällt ist, das es sich bei der Symptomatik um Kommunikation, Sozialisation, Stereotypien und Retardierung handelt. Von Wahrnehmungsstörungen ist in dieser Definition keine Rede, auch spielt die oftmals in Erscheinung tretende Autoaggression keine Rolle.

Weiterhin fällt auf, das in dieser Definition keine Erklärung dafür vorhanden ist, wie dieses diagnostische Bild zustande kommt. Man kann höchstens auf die Annahme der Retardierung als kausal zurückgreifen.

Davidson und Neale 1979, Kehrer 1978
Logo Hilfe für das autistische KindAnnegret Schubert, Auszug aus „Gestützte Kommunikation, Erkenntnisse und Theorien zum Autismus“, veröffentlicht im Tagungsbericht der 8. Bundestagung Autismus und Familie des Bundesverbandes Hilfe für das autistische Kind, 1995