Guitars: Dean EVO Deluxe

Dean EVO Deluxe
Cherry Sunburst

Seriennummer: 92843 (Baujahr 2001), Hand crafted in the Czech Republic

Die EVO „Deluxe“ wird wie ihre noch etwas üppiger ausgestattete Schwester, die „Premium“, in der Tschechischen Republik von Hand gefertigt.
Warum in Tschechien? Weil dort die durchschnittlichen Stundenlöhne nur die Hälfte dessen erreichen, was mittlerweile in Korea bezahlt wird (Stand 2003). Außerdem gibt es dort eine jahrhunderte alte Instrumentenbau-Tradition.

Einige Informationen zur Firma Dean-Guitars und den Seriennummern finden sich auf der Seite der günstigen kleinen Schwester, Dean EVO „Special“.

Beim Bau der EVO „Deluxe“ wie auch der „Premium“ wird bestes Material verwandt. Das bezieht sich auf die Hölzer wie auch die Hardware.

Die EVO „Special“ wie auch die hier besprochene „Deluxe“ lassen sich auf den ersten Blick der selben Modellreihe zuordnen.

Sieht man sich die Gitarren genauer an oder stellt sie gar im direkten Vergleich gegenüber, werden gravierende Unterschiede deutlich.
Der Body ist bei der „Deluxe“ stärker, die massive Riegelahorndecke ist ebenfalls dicker und deren Kontur ausgeprägter. Sie hat allerdings keine durchgängige Wölbung, sondern das immer öfter zu sehende erhöhte Plateau. Die Kopfplatte der „Deluxe“ ist viel kleiner und zierlicher als bei der günstigeren Schwester, sie ist auch nicht angeschäftet, sondern fester Bestandteil der Halses, welcher aus einem dreifach gesperrten Stück Mahagoni gearbeitet ist. Der Halsanstell-Winkel ist größer, der Saitendruck auf Sattel und Steg ist damit bei der „Deluxe“ deutlich höher. Die ganze Gestalt wirkt dynamischer, andererseits auch weniger harmonisch proportioniert.

Die Gitarre

Ich habe die EVO „Deluxe“ wie auch die „EVO Special“ online in den Staaten gebraucht gekauft. Dazu später mehr. Die Gitarren, vor allem die „Deluxe“, sind bei uns kaum zu bekommen. Ausgesucht schöne Exemplare sind hierzulande erst Recht Raritäten, was noch mehr für das Topmodell, die „Premium“, gilt. Paradox, liegt doch Tschechischen hier quasi um die Ecke.

Features
  • Der Korpus ist aus zwei Teilen ausgesuchtem Honduras-Mahagoni mittig zusammengefügten. Die massive, stark konturierte bookmatched Riegelahorndecke ist 23 mm stark, und durch ein einfaches cremefarbenes Binding abgesetzt
  • Der Hals, ebenfalls aus Honduras-Mahagoni, ist durchgehend inklusive der Kopfplatte aus drei Streifen mit liegender Masserung gearbeitet. Er ist relativ stark mit C-Querschnitt. Natürlich auch hier der komfortable Korpus-Hals-Übergang. Eigentlich unnötig zu erwähnen, das der Hals eingeleimt ist
  • Ebenholz-Griffbrett mit (echten) Abalone-Dots und schlichtem cremefarbenem Binding. Mir ist die Griffbrettbreite vor allem in den tiefen Lagen zu gering - Scale 24-3/4" (625 mm)
  • 22 dicke Jumbo-Bünde garantieren für lange Zeit Material zum Abrichten. Persönlich habe ich auch wegen des schmalen Halses Schwierigkeiten damit - Schade
  • Traditionelles String-spacing (am Halspickup 49 mm, am Stegpickup 51 mm)
  • Ein in der Les Paul Standard Liga tragbares Gewicht von 4,0 Kg
  • Die gesamte Hardware (Mechaniken, Steg, Saitenhalter) ist „Made in Germany“ und stammt von Schaller
  • Hochwertiger Toggle-Switch und Potis
  • Das Master-Volume und Master-Tone Poti sind als Push-Pull-Potis ausgelegt (ich könnte gut auf das Tone-Poti verzichten und würde statt dessen für jeden Pickup einen eigenen Lautstärke-Regler vorziehen - was der kundige Bastler ja noch entsprechend ändern könnte)
  • Mittels der Push-Pull-Potis kann an jedem Pickup eine Spule kurzgeschlossen werden (Single-Coil); das Volumepoti ist für den Hals-Humbucker zuständigt, das Tonpoti schaltet den Steg-Humbucker.
  • Die Gitarre ist sehr gut abgeschirmt, auch im Singlecoil-Modus brummt es beim Übersteuern des Verstärkers nicht
  • Es war mir nicht möglich, die Herkunft der Tonabnehmer zu bestimmen - außer mir nichts sagenden Schlagnummern in der Grundplatte war nichts zu entdecken.

Der Sound:

Die „Deluxe“ klingt trocken gespielt einfach großartig! Ein reicher, voller und trotzdem facettenreicher Ton löst sich da von den Saiten. Da sind auch reichlich Bässe vorhanden, und trotzdem klingt sie dabei immer offen und frisch - mit einem Ton, der bis übermorgen steht.

Gitarristen, die eine wirklich guten Les Paul Standard-Sound suchen, werden hier voll bedient. Obwohl - einem Bekannten war der Klang nicht weich genug. Will sagen: sie ist sehr präsent — Effekt: unsauberes Spiel wird auch gnadenlos als solches offengelegt.

Check der Tonabnehmer über Verstärker:
Was für eine Enttäuschung. Eine gewisse Künstlichkeit, Sterilität macht sich breit. Was vor allem bei angewähltem Stegtonabnehmer rüber kommt. Die Humbucker scheinen nicht in der Lage, daß komplette dargebotene Frequenzspektrum zu übertragen - und überbetonen dabei noch unangenehm den oberen Presence-Bereich. Ein Austausch der Pickups ist hier Pflicht. Ich kann mir hier gut die schon in die Ibanez Artist AR700 eingebauten Gibson BurstBuckers™ vorstellen.

Wie schon erwähnt, habe ich die beiden Dean EVOs 2003 per ebay in den Staaten von Privat gekauft. Und hatte das Glück, es dabei mit fairen Partnern zu tun zu haben. Es wäre ein leichtes gewesen, das Geld einzustreichen und sich einfach nicht mehr zu rühren.

Der günstige Dollarkurs und die Geringschätzung sogenannter Importgitarren in den USA ließen das Unterfangen sehr attraktiv erscheinen - trotz der hohen Versandkosten.

Gerade der für die „Deluxe“ zu bezahlende Preis kann nur als preiswert bezeichnet werden - jede neue Korea- oder Chinamade Equiphone, Ibanez AR oder eines der Budget-Modelle von Gibson etwa ist teurer.

Die Ernüchterung kam dann mit vier wöchiger Verspätung, als nämlich die Zoll- und Steuerforderungen der Zollbehörde eingingen - alles in allem etwa 1/3 des Kaufpreises (ohne Fracht).

Unterm Strich war der zu zahlende Betrag immer noch in Ordnung - beide Gitarren waren den Preis in jedem Fall wert. Nur das vermeindliche Superschnäppchen entpuppte sich dann plötzlich nur noch als „angemessen“.

Da die EVO „Deluxe“ auch hierzulande eher ein Außenseiter ist, dürfte der dafür auf zu bringende Betrag eher im unteren Bereich angesiedelt sein. Selbst wenn man dann noch Austausch-Pickups einrechnet, sollte die Gitarre auf keinen Fall teurer kommen als etwa eine Les Paul-Kopie von Epiphone - nur daß man statt dessen ein wirklich hochwertiges Instrument in Händen halten wird.

Foto der Dean EVO Deluve, Totale

Der etwas übertrieben wirkende Schwung scheint der Konfliktvermeidung mit Gibsons Anwälten geschuldet zu sein

  

Foto mit der Draufsicht auf die oberen Zargen der EVO Special und Deluxe

Links die EVO „Special“, rechts die EVO „Deluxe“

  

Aufnahme der schönen Riegelung der Ahorn-Decke

Eine wirklich beeindruckend dreidimensonal wirkende AAA-Grade Riegelahorndecke

  

Detailfoto der Stärke der Ahorn-Decke

Sehr schön zu sehen ist hier der Durchmesser des zweiteiligen AAA-Grade Maple-Tops

  

Detailaufnahme der Kopfplatten-Rückseite

Die Headstock-Rückseite der „Deluxe“ - der Kopfplatten-Hals-Übergang ist nicht verstärkt

  


  


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