Guitars: Hamer Sunburst Archtop Standard 1991

Hamer Sunburst
Archtop Standard

Seriennummer: 128798 (Baujahr 1991), Made in USA

Gebaut wurde die Gitarre im Werk Arlington Heights in Chicago, Illinois. Mit diesem Modell wurde das „Sunburst“-Konzept fortgeschrieben. „Sunburst“s wurden von Hamer erstmals 1977 auf der Sommer-NAMM in Chicago vorgestellt. Die Produktion der (ursprünglichen) „Sunburst“ war 1983 eingestellt worden. Die Korpusform und die Abmessungen entsprachen im Grunde einer Gibson Les Paul Junior Spezial aus den späten 50er Jahren.

Die Archtops wurden 1991 ins Programm aufgenommen. „Kaman Music“ hatte sich mittlerweilen (1988) Hamer einverleibt. Sie unterschied sich von den bis dahin ausschließlich erhältlichen Flat-tops durch die massive, konturierte Riegelahorndecke (mit unterschiedlich ausgeprägter Maserung) und einer Ausstattung mit Tune-o-matic Brücke und Stoptailpiece als Saitenhalter. Ein Floyd-Rose-Tremolosystem war als Option erhältlich. Für die Tonabnahme kamen Seymour Duncan Humbucker zum Einsatz. Eine Sonderrolle spielte die Archtop Goldtop (GT — 1993 bis 1997), diese war mit P-90 Soapbar-Pickups bestückt.

Es gab wie zuvor zwei grundlegende Ausstattungsvarianten:
die Standard und die Custom.
In das Palisandergriffbrett der Standard sind schlichte Abalone-Dotinlays als Orientierungshilfe eingelegt, während bei der Custom diese Einlagen in Trapezform ausgeführt (den Griffbretteinlagen einer Gibson Les Paul Standard entlehnt) und in ein Ebenholz-Griffbrett eingearbeitet waren. Zusätzlich war das Griffbrett mit einem Binding versehen worden.

Von 1993 an wurde das Modell nur noch mit „Archtop“ bezeichnet.

Ab 1997 wurde wieder ein neuer Namen gewählt: „Studio Custom“. Die schlichtere „Studio FM“ (von 1993 an) ist im Grunde eine Standard ohne Binding um den Korpus und mit einer dünneren , flachen Ahorndecke (knapp 1 cm stark).

Was sich hier in der Zusammenfassung recht verwirrend liest, fand in dem Bestreben statt, eine einheitlichere und klarere Deklaration der einzelnen Modellreihen zu etablieren — die Namensgebungs-Odysee und zum Teil glücklose (unlogische?) Namenswahl stellen bis heute eine Ursache für die massive Unterbewertung der US-Made Hamer-Gitarren dar


Die Gitarre

Die Hamer „Sunburst“ Archtop Standard wurde nur von 1991 bis Anfang 1993 angeboten. Anschließend wurde auf das Binding der Ahorndecke verzichtet, und das Modell hieß ab 1993 nur noch Archtop Standard

Features
  • 22 Bünde auf Rio-Palisandergriffbrett, Gibson (Les Paul) Mensur: 625 mm
  • Der Korpus wurde aus einem einteiligen Stück Britisch-Honduras-Mahagoni gefertigt, der Hals ist aus drei gegenläufig gesperrten Mahagoni-Streifen geleimt.
  • Eine schöne gleichmäßig gemaserte bookmatched AA Riegelahorndecke (im Zentrum etwa 1,3 cm stark)
  • Sehr leicht: 3,2 Kg
  • Ich hatte die original Hamer-Mechaniken (von Schaller, aber mit Hamer-Logo versehen) gegen Schaller Locking-Tuner ersetzt. In Verbindung mit dem Hamer Lubritrak™-Sattel sehr stimmstabil
  • Sämtliche andere Hardware war vergoldet und stammt ebenfalls von Schaller
  • Ein Mastertone und je Pickup einen Volumeregler (die Knöpfe waren recht hübsch, aber sehr glatt und damit schlecht zu bedienen)
  • 3-way-Toogle-Switch (mit dessen Lage ich nie zufrieden war: für schnelle Soundwechsel ist der Weg, den die Anschlagshand zurücklegen muß, einfach zu groß)
  • Mir persönlich war der Hals manchmal zu schmal, so das ich bei manchen Griffen meine Finger kaum auf dem Griffbrett unterbrachte (es wurde also hin und wieder etwas zu eng!). Davon abgesehen ...
  • Traumhafte Bespielbarkeit bis in die höchsten Lagen, butterweich zu greifen.
  • In der Halsposition war ab Werk ein Seymour Duncan '59 PAF eingebaut, am Steg ein Jeff Beck Spezial, ebenfalls von SD.

Der Sound:

Halspickup sehr schön für cleane Sounds, angecruncht für Blues, aber auch jazziges war ihm zu entlocken. Der Pickup und die verwendeten Materialien sprechen bezüglich des zu erwartenden Sounds eine deutliche Sprache.

Die Zwischenposition hatte diesen Out-of-Phase-Touch, richtig funky - und sehr gut für ultracleane Sounds. Diese Schaltungseigenheit ist eine Hamer-typische Spazialität.

Der JB kommt gut bei Lead-Lines, beim Rythmus-Spiel ist er mir zu komprimiert (besonders beim übersteuern des Amps) und geizte etwas mit Bässen, moderner orientierte Spieler vermissen wahrscheinlich auch die oberen Höhen. Übersteuert gespielte Akkorde werden nicht in jede einzelne Note aufgedrösselt. Ein richtig fundamental schiebendes Brett läßt sich kaum legen, dazu fehlen einfach die Bässe. Der Klang hat aber immer viel Körper und ist jederzeit ausgezeichnet ortbar. Drumer und Bassisten standen aber total auf den Sound;-) - wahrscheinlich weil die Gitarre nicht in deren Territorien wilderte.


Anmerkung zu den Seriennummern:

Bei den „Sunburst“ repräsentierte die erste Nummer das Baujahr, die folgenden die Stückzahl, welche dieses Nummerierungssystem verwendet.

Denn leider hat auch Hamer (wie fast jeder andere Gitarrenbauer) ein nicht durchgehend konsistentes Nummerierungssystem, genauer gesagt verschiedenartige gleichzeitig verwendet.

Ab 1987 wurden die Nummern mit Schlagzahlen ins Holz eingeprägt, vorher waren die Nummern mit Tinte oder Farbe aufgedruckt worden.

Foto der Hamer Sunburst Archtop Standard, Totale

Das Gewicht der Gitarre liegt bei wirklich tragbaren 3,2 Kg

Die schlechte Bildqualität ist schnell dadurch erklärt, das die „Sunburst Archtop Standard“ die erste Gitarre war, die ich mit einer Digitalkamera im Jahr 2001 fotographierte - das waren meine ersten Gehversuche in Sachen Photographie.

  

Nahaufnahme des Bodies, Steg, Seitenhalter, Switches

Beim Binding handelt es sich um eine einfache cremefarbene Umfassung. Gut zu sehen ist das stärker werden der Ahorndecke von der Rändern hin zur Mitte

Ein ständig wiederkehrendes Problem war, diese spiegelnden Oberflächen so abzubilden, das die Holzmaserung wenigstens halbwegs zur Geltung kommt.

  

Detail Body Rückseite

Nochmals die Riegelahorndecke aus einem etwas anderen Winkel

Die gute Bespielbarkeit bis in die höchsten Lagen wird aus diesen Aufnahmen deutlich.

  

Detail Body Rückseite

Die niedrige Auflösung von Digitalkameras der nuller Jahren macht es leidet sehr schwer, Maserungsdetails des Hondurasmahagonis zu sehen

Tatsächlich wurde der Korpus aus einem einzigen Stück gefertigt — heutzutage praktisch auch für Geld und gute Worte nicht mehr zu bekommen.

  

Ein Foto des Snake-Heads, Vorderseite

Das Hamer-Logo ist bei den Gitarren in den 90er Jahren erheblich angewachsen

Der begehrten Namenszusatz „Sunburst“ durfte die Kopfplatten nicht einmal 3 Jahre lang zieren.

Die von mir nachträglich montierten Schaller Locking-Tuners haben zusammen mit einem Graph Tech Trem-Nut™ zur Stimmsabilität beigetragen. Ausgerüstet hatte ich damit etwa auch die Ibanez Artist AR700 und eine Dean EVO Special.

Übrigens:
Hamer war die erste Firma, die Locking-Tuners auf Bestellung bei ihren Gitarren einbaute (noch vor Paul Reed Smith).

  


  


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